Jeder Haus- und Facharzt darf seit März 2017 Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen unter bestimmten Voraussetzungen Cannabisarzneimittel verordnen. Laut einer Umfrage des Statista Global Consumer Survey würden sich knapp 40 % der Befragten mit ärztlich verschriebenem medizinischem Cannabis behandeln lassen. Im Rahmen dieser Fortbildung werden ausgewählte Indikationen wie Tumorerkrankungen, Schmerzmedizin, palliative Versorgung und multiple Sklerose betrachtet und die dazugehörigen Studienergebnisse und Empfehlungen aktueller Leitlinien vorgestellt. Zudem wird neben detaillierten Informationen zur Verordnung von medizinischem Cannabis, zur Art der Anwendung, zu den Unterschieden der Phytocannabinoide sowie zu Dosierung und Wirkeintritt auch das Wichtigste zu möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen, Wechselwirkungen und Kontraindikationen besprochen. Auch der Abschlussbericht der Cannabisbegleiterhebung ist Teil dieser spannenden Fortbildung.
CBD und THC haben die gleiche chemische Zusammensetzung, nur der Aufbau der Moleküle entscheidet über die Wirkung:
Medizinisches Cannabis kann unter anderem für folgende Anwendungsgebiete angewendet werden (die durchgeführten Studien zeigen teilweise keine signifikante Besserung und auch die Leitlinienempfehlungen fallen bei einigen Indikationen negativ aus):
Cannabinoide werden in der S2k-Leitlinie "Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen" (2019) zur Therapie neuropathischer Schmerzen nicht empfohlen, da der Effekt eher gering ausgeprägt und die Nebenwirkungsrate jedoch hoch ist; nur in Einzelfällen sollen Cannabinoide als Off-Label-Therapie im Rahmen eines multimodalen Schmerzkonzeptes bei Versagen anderer Schmerztherapien erwogen werden.
Retrospektive Analyse von Längsschittdten aus dem PraxisRegister Schmerz von 2021:
Real-World-Daten belegen Schmerzlinderung mit Dronabinol bei Patienten mit therapierefraktären chronischen Schmerzen.
Metaanalyse aus 9 Studien (n = 1561)
Geringe Datenmenge, die Verordnung von Cannabinoiden in der palliativen Begleitung wird in dieser Metaanalyse nicht empfohlen.
Die durch das Bundesgesundheitsministerium beauftragte CaPRis-Studie (Cannabis: Potenzial und Risiken) kam zu dem Schluss, dass die bisherigen Studienergebnisse auf subjektiven Einschätzungen der Patienten beruhen und dass eine "objektive" Wirksamkeit wie z.B. eine von außen sichtbare Reduktion der Spastizität bisher nicht belegt werden konnte.
Verschiedene Studien kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen:
Laut S3-Leitlinie "Klinische Ernährung in der Onkologie" (2015) können Cannabispräparate zur Verbesserung des Appetits bei Tumorkachexie und Geschmacksstörungen erwogen werden.
Die ESPEN-Leitlinie (2017) sagt hingegen folgendes: Es gibt nicht genügend konsistente klinische Daten, um Cannabinoide zur Verbesserung von Geschmacksstörungen oder Anorexie bei Krebspatienten zu empfehlen.
Die S3-Leitlinie "Supportive Therapie bei onkologischen Patienten" der AWMF (2020) empfiehlt die Erwägung der Therapie von Tumortherapie-induzierter Nausea und Emesis mit Cannabinoiden nur in Ausnahmefällen.
Cannabis kann in Deutschland verordnet werden als
Art der Anwendung:
Die Einnahme von Cannabis kann entweder oral oder mittels Inhalation erfolgen, wobei die Pharmakokinetik von THC und anderen Cannabinoiden stark von der Aufnahmeart abhängt:
Die Dosierung sollte für jeden Patienten individuell erfolgen:
Cannabinoide können mit verschiedenen Arzneimitteln wechselwirken, wodurch Wirkungsverlust, verstärkte Nebenwirkungen oder Überdosierunen auftreten können:
Vollspektrum-Cannabisextrakte sind ölige Lösungen auf Basis von natürlichen Cannabinoiden. Sie werden auf Btm-Rezept verordnet und in der Apotheke als Rezeptur hergestellt.
Cannabisextraktre werden mittels überkritischer CO²-Extraktion oder Ethanolextraktion gewonnen und enthalten die Cannabinoide THC und CBD sowie weitere Phytocannabinoide, Terpene und Flavonoide.