Medizinisches Cannabis in der Praxis

Empfehlungen aktueller Leitlinien

aus: MedLearning, online abgerufen am 09.05.2023

Jeder Haus- und Facharzt darf seit März 2017 Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen unter bestimmten Voraussetzungen Cannabisarzneimittel verordnen. Laut einer Umfrage des Statista Global Consumer Survey würden sich knapp 40 % der Befragten mit ärztlich verschriebenem medizinischem Cannabis behandeln lassen. Im Rahmen dieser Fortbildung werden ausgewählte Indikationen wie Tumorerkrankungen, Schmerzmedizin, palliative Versorgung und multiple Sklerose betrachtet und die dazugehörigen Studienergebnisse und Empfehlungen aktueller Leitlinien vorgestellt. Zudem wird neben detaillierten Informationen zur Verordnung von medizinischem Cannabis, zur Art der Anwendung, zu den Unterschieden der Phytocannabinoide sowie zu Dosierung und Wirkeintritt auch das Wichtigste zu möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen, Wechselwirkungen und Kontraindikationen besprochen. Auch der Abschlussbericht der Cannabisbegleiterhebung ist Teil dieser spannenden Fortbildung.

medizinisches Cannabis und cannabinoide

Allgemeines

  • medizinisches Cannabis sind Zubereitungen aus den Inhaltsstoffen der Hanfpflanzen Cannabis sativa L., die für medizinische Zwecke angewendet werden

  • Cannabinoide sind die Inhaltsstoffe der Hanfgewächse, die für die pharmakologischen Wirkungen verantwortlich sind. Ca. 120 einzelne Substanzen gehören zu dieser nicht einheitlichen Stoffgruppe der Cannabinoide.
  • sie umfassen die in der Pflanze vorkommenden Phytocannabinoide und Endocannabinoide (körpereigene Botenstoffe)

  • die wichtigsten Phytocannabinoide sind Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC, Dronabinol) und Cannabidiol (CBD) sowie deren inaktive Vorstufen Delta-9-Tetrahydrocannabinolsäure (THC-A) und Cannabidolsäure (CBD-A)
  • Nabilon ist ein synthetisch hergestelltes THC-Analogon

 

  • die Konzentration der Cannabinoide hängt von der Pflanzendroge (Blüten oder Blätter) sowie dem Zubereitungsverfahren ab
  • die höchste Menge findet sich im ätherischen Öl, welches durch Destillation der Blüten oder des Harzes gewonnen wird
  • dieses ätherische Öl ist nicht mit dem aus Cannabissamen gewonnenen Hanföl zu verwechseln, das als Speiseöl keine nennenswerte Menge an Cannabinoiden enthält
  • auf europäischer Ebene gibt es zur Zeit keine einheitlichen Qualitätsstandards für Cannabis und dessen arzneiliche Zubereitungen
  • Cannabis stellt im Volksmund auch einen Sammelbegriff für die aus Hanf hergestellten Rauschmittel dar. Während Marihuana aus den getrockneten Blättern und Blüten gewonnen wird, basiert Haschisch auf dem Harz der Blütenstände.

Unterschiede der Phytocannabinoide

CBD und THC haben die gleiche chemische Zusammensetzung, nur der Aufbau der Moleküle entscheidet über die Wirkung:

Umsatz und Verordnungen 2018 bis 2021

  • "Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf eine Versorgung mit medizinischem Cannabis", so das Ärzteblatt. Und weiter: "Jeder Haus- und Facharzt darf seitdem getrocknete Cannabisblüten und -extrakte sowie Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon verordnen."
  • in 2021 wurde laut GKV-Spitzenverband in Deutschland ein Umsatz von rund 185 Millionen Euro mit medizinischem Cannabis erwirtschaftet - das entpricht einem Wachstum von ca. 12%

 

  • in ähnlichen Größenordnungen legten auch die Verordnungen von cannabinoidhaltigen Arzneimitteln/Zubereitungen zu
  • fast 70 Millionen Euro entfallen auf Cannabisblüten in unveränderter Form. Für weitere 46 Millionen Euro sind die Arzneimittel Canemes, Epidyolex, Sativex verantwortlich

Was sagen die Patienten?

  • seit März 2017 ist Cannabis in Deutschland legal, sofern es aus staatlich kontrolliertem Anbau bzw. Importen kommt
  • in Deutschland ist ärztlich verordnetes medizinisches Cannabis weitgehend akzeptiert, wie eine Umfrage des Statista Global Consumer Survey zeigt

  • demnach würden sich 38% der Befragten damit behandeln lassen

  • ebensoviele halten es für eine gute Alternative zu traditionellen medizinischen Produkten
  • immerhin sagen 28% sogar, dass Cannabis für jeden legal sein sollte

  • demgegenüber stehen etwa 18%, die gegen eine Legalisierung von Cannabis sind

  • von allen 2071 befragten Personen haben rund 15% bereits Erfahrungen mit medizinischem Cannabis gemacht

ausgewählte indikationen

medizinisches Cannabis - Anwendungsgebiete

  • Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen haben in Deutschland den Anspruch auf eine Versorgung mit medizinischem Cannabis, sowie den Arzneimitteln Dronabinol und Nabilon, wenn therapeutische Alternativen nicht möglich sind und die "nicht ganz entfernt liegende" Aussicht auf Verbesserung besteht

  • die Ergebnisse aus Interventionsstudien begründen den Einsatz von arzneilichem Cannabis in der Therapie bei Spastik, Zytostatika-induzierter Übelkeit und Erbrechen, Anorexie bei HIV/AIDS und chronischen Schmerzen
  • weitere potenzielle Anwendungsgebiete stellen gastrointestinale, neuroinflammatorische, neurologische und psychische Erkrankungen dar
  • Cannabidiol (CBD) wird als Einzelsubstanz bei Epilepsien und aufgrund antipsychotischer Effekte bei Schizophrenien und schizophreniformen Psychosen eingesetzt

Abschlussbericht der Cannabisbegleiterhebung März 2017 bis März 2022

Anwendungsgebiete

Medizinisches Cannabis kann unter anderem für folgende Anwendungsgebiete angewendet werden (die durchgeführten Studien zeigen teilweise keine signifikante Besserung und auch die Leitlinienempfehlungen fallen bei einigen Indikationen negativ aus):

Neuropathische schmerzen

  • mehrere Metaanalysen zeigen eine signifikante Reduktion neuropathischer Schmerzen durch Cannabinoide, allerdings war diese beispielsweise klinisch gering ausgeprägt (Meng et al. 2017), die Einzeldaten waren relativ heterogen (Aviram et al. 2017) oder es wurden nur sehr kurzfristige Effekte untersucht (Andreae et al 2015)
  • die Daten der Metaanalyse sind insgesamt eher inkonsistent

  • Cochrane-Review: die 30%-Schmerzreduktion trat häufiger unter Cannabinoid-Einnahme auf, der Effekt war eher gering mit einer NNTB (number needed to treat für an additional beneficial outcome) von 11 und es traten signifikant mehr zentrale Nebenwirkungen auf mit einer NNTH (number needed to harm) von 3; zudem fehlen Daten zu Langzeiteffekten

Cannabinoide werden in der S2k-Leitlinie "Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen" (2019) zur Therapie neuropathischer Schmerzen nicht empfohlen, da der Effekt eher gering ausgeprägt und die Nebenwirkungsrate jedoch hoch ist; nur in Einzelfällen sollen Cannabinoide als Off-Label-Therapie im Rahmen eines multimodalen Schmerzkonzeptes bei Versagen anderer Schmerztherapien erwogen werden.

chronische Schmerzen

Retrospektive Analyse von Längsschittdten aus dem PraxisRegister Schmerz von 2021:

  • Real-World-Daten von Patienten (n = 1145) mit therapierefraktären chronischen Schmerzen
  • Beobachtungszeitraum: 12 Wochen
  • Dronabinol als Add-on-Therapie bei chronischen Schmerzen
  • 46,5% der Patietnen zeigten eine Reduktion der mittleren 24-Stunden-Schmerzintensität um mindestens 50%
  • die Aktivitäten des alltäglichen Lebens verbesserten sich um mindestens 50% im Vergleich zum Ausgangswert bei 39% der Patienten
  • die Lebensqualität verbesserte sich bei 31,4% der Patienten
  • Dronabinol ermöglichte die Reduktion anderer Schmerzmittel bei über der Hälfte der Patienten

Real-World-Daten belegen Schmerzlinderung mit Dronabinol bei Patienten mit therapierefraktären chronischen Schmerzen.

Cannabis in der palliativen Versorgung

Metaanalyse aus 9 Studien (n = 1561)

  • Tumorpatienten: Cannabinoide waren dem Placebo in der Schmerzreduktion (30% oder mehr), bei der Kalorienaufnahme und bei der Verbesserung des Schlafs nicht signifikant überlegen; bezüglich der Schmerzreduktion gibt es jedoch insgesamt statistisch eine Tendenz zur Verbesserung mit Cannabinoiden (30% der Patienten mit Cannabis versus 22,7% der Patienten mit Placebo erfahren eine Schmerzreduktion von 30% oder mehr)
  • Patienten mit HIV: Gewichtszunahme und die Verbesserung des Appetits war signifikant besser unter Cannabinoiden gegenüber Placebo; keine Signifikanz bei Übelkeit und Erbrechen und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität; mehr psychiatrische Symptome bei Cannabinoiden als bei Placebo

  • aufgrund unzureichender Therapiedauer war keine Beurteilung der Langzeitwirkung, Langzeitverträglichkeit und Sicherheit möglich

Geringe Datenmenge, die Verordnung von Cannabinoiden in der palliativen Begleitung wird in dieser Metaanalyse nicht empfohlen.

Cannabis bei mittelschwerer bis schwerer Spastik bei MS

  • ein Spray zur Anwendung in der Mundhöhle (Nabiximol, Inhaltsstoffe THC und CBD) ist zugelassen zur Symptomverbesserung bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik aufgrund von Multipler Sklerose

  • Voraussetzung: Die Patienten haben nicht angemessen auf eine andere antispastische Arzneimitteltherapie angesprochen und zeigten eine klinisch erhebliche Verbesserung der mit der Spastik verbundenen Symptoma während eines Anfangstherapieversuchs

  • In den Studien SAVANT und GWSP0604 zeigte sich im Vergleich zu einer optimierten Standardtherapie mit Baclofen (oral) oder Tizanidin oder Dantrolen ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten des THC/CBD-Sprays bezüglich Spastik, Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA)

  • für den Endpunkt Schlafunterbrechung durch Spastik (NRS) zeigte sich in der Studie SAVANT ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten des THC/CBD-Sprays, in der Studie GWSP0604 wurde dieser nicht beobachtet

  • in der Studie SAVANT zeigt sich ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten des THC/CBD-Sprays für den Endpunkt Schmerz durch Spastik

Die durch das Bundesgesundheitsministerium beauftragte CaPRis-Studie (Cannabis: Potenzial und Risiken) kam zu dem Schluss, dass die bisherigen Studienergebnisse auf subjektiven Einschätzungen der Patienten beruhen und dass eine "objektive" Wirksamkeit wie z.B. eine von außen sichtbare Reduktion der Spastizität bisher nicht belegt werden konnte.

Cannabis bei Tumorerkrankungen - Anorexie/Tumorkachexie

Verschiedene Studien kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen:

  • eine Studie fand keine Hinweise darauf, dass Cannabinoide bei kachektischen Tumorpatienten appetitsteigernd wirken (Strasser et al. 2006)

  • eine weitere Studie fand Anhaltspunkte dafür, dass Dronabinol einen schwächeren Einfluss auf Appetit, Nahrungsaufnahme und Körpergewicht hat als Megestrol (Jatoi et al. 2002)

  • eine andere Studie fand Hinweise darauf, dass Dronabinol den Appetit verbessern kann, aber keinen Einfluss auf die Menge der Nahrungsaufnahme hat (Brisbois et al 2011)

  • eine weitere Studie fand Anhaltspunkte dafür, dass Nabilon zu einer geringfügigen Besserung des Appetits und zu einer höheren Aufnahme von Kohlenhydraten führt, die Kalorienaufnahme und das Körpergewicht aber nicht beeinflusst (Turcott et al. 2018)

Laut S3-Leitlinie "Klinische Ernährung in der Onkologie" (2015) können Cannabispräparate zur Verbesserung des Appetits bei Tumorkachexie und Geschmacksstörungen erwogen werden.

 

Die ESPEN-Leitlinie (2017) sagt hingegen folgendes: Es gibt nicht genügend konsistente klinische Daten, um Cannabinoide zur Verbesserung von Geschmacksstörungen oder Anorexie bei Krebspatienten zu empfehlen.

Cannabis bei Chemotherapie-bedingter Übelkeit und Erbechen

  • Horngreber et al. fanden 2021 Hinweise darauf, dass Dronabinol zusätzlich zu einer Standardtherapie (Dexamethason, Ondansetron) das Auftreten von Chemotherapie-bedingter Übelkeit und Erbrechen über die Dauer der gesamten Chemotherapie vermindern kann, allerdings nicht besser als Ondansetron oder als eine Kombination aus Ondansetron und Dronabinol

  • Meiri et al fanden 2007 Hinweise darauf , dass Nabiximols verzögerte Chemotherapie-bedingte Übelkeit und Erbrechen bei Patienten vermindern kann, bei denen während des vorangegangenen Chemotherapiezyklus trotz antiemetischer Therapie verzögert Übelkeit und Erbrechen auftraten: die Anwendung von Nabiximols zeigte jedoch eine erhöhte Rate unerwünschter Wirkungen

  • Kapseln mit dem Wirkstoff Nabilon sind für die Behandlung von Chemotherapie-bedingter Emesis und Nausea bei Krebspatienten zugelassen, die auf andere antiemeptische Therapien nicht adäquat ansprechen

Die S3-Leitlinie "Supportive Therapie bei onkologischen Patienten" der AWMF (2020) empfiehlt die Erwägung der Therapie von Tumortherapie-induzierter Nausea und Emesis mit Cannabinoiden nur in Ausnahmefällen.

cannabishaltige Arzneimittel

Cannabisarzneimittel und deren Art der Anwendung

Cannabis kann in Deutschland verordnet werden als

  • Rezepturarzneimittel
    • Cannabisblüten und -extrakt
    • Dronabinol-/Cannabidiolzubereitungen

  • zugelassenes Fertigarzneimittel
    • Spray zur Anwendung in der Mundhöhle, Inhaltsstoffe THC und CBD, Nabiximols
    • Kapseln mit dem Wirkstoff Nabilon (vollsynthetische Variante des THC)

Art der Anwendung:

  • Inhalation nach Verdampfung
  • Teezubreitung
  • Kapseln
  • in Form einer öligen oder alkoholischen Lösung
  • Spray zur Anwendung in der Mundhöhle

Pharmakokinetik und Wirkparameter

Die Einnahme von Cannabis kann entweder oral oder mittels Inhalation erfolgen, wobei die Pharmakokinetik von THC und anderen Cannabinoiden stark von der Aufnahmeart abhängt:

  • Die orale Aufnahme von Cannabisblüten erfolgt in Form von Tee oder Plätzchen, wobei hier eine exakte Dosierung schwierig ist. THC liegt in Cannabisblüten als inaktive THC-Carbonsäure vor und muss erst durch Erhitzen zur pharmakologisch aktiven Substanz decarboxyliert werden.
  • Alternativ kann eine Inhalation von Cannabis erfolgen. Für die medizinische Anwendung sollte die Inhalation mittels Vaporisierer bevorzugt werden, da sie eine bessere Dosierung ermöglicht und nicht mit den gesundheitsschädlichen Effekten durch das Rauchen verbunden ist.

Dosierung

Die Dosierung sollte für jeden Patienten individuell erfolgen:

  • die Therapie sollte mit einer geringen Anfangsdosis begonnen werden
  • diese kann danach in kleinen Schritten gesteigert werden, bis eine verträgliche und wirksame Dosis erreicht wird
  • durch diese einschleichende Dosierung könnte die Verträglichkeit verbessert werden
  • die Auftitration kann ca. 2-4 Wochen dauern
  • die Dosierung ist zudem Abhängig von der Indikation

mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Wechselwirkungen

Cannabinoide können mit verschiedenen Arzneimitteln wechselwirken, wodurch Wirkungsverlust, verstärkte Nebenwirkungen oder Überdosierunen auftreten können:

  • THC und CBD können Enzyme des Cytochrom-P450-Stoffwechsels hemmen, wodurch es zu einem Anstieg der Serumkonzentration anderer Substrate der Enzyme dieses Systems kommen kann, wie beispielsweise Antidepressiva, Chemotherapeutika oder Immunsuppressiva
  • bei gleichzeitiger Anwendung von Cannabis und Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Marcumar) kann beispielsweise das Blutungsrisiko steigen
  • auch bei gleichzeitiger Anwendung von Cannabis mit direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) ist ein pharmakokinetischer Einfluss der Cannabinoide denkbar, was in einer erhöhten Bioverfügbarkeit der DOAK resultieren kann
  • Da THC und CBD über CYP-Enzyme abgebaut werden, könnten Inhibitoren von diesen auch die Effekte von THC und CBD verstärken
  • Vorsicht ist zudem geboten bei Hypnotika, Sedativa und Arzneimitteln mit möglicherweise sedierender Wirkung, da es zu einer additiven Wirkung bei Sedierung und muskelrelaxierender Wirkung kommen kann
  • zudem können Wechselwirkungen mit Alkohol auftreten
  • Kapseln mit Nabilon haben eine additive, ZNS-hemmende Wirkung bei gleichzeitiger Gabe mit Diazepam, Natrium-Secobarbital, Alkohol oder Codein
  • bei gleichzeitiger Verabreichung von Cannabinoiden wurden Wechselwirkungen beispielsweise mit folgen Substanzen beobachtet:
    • Atropin
    • Scopolamin
    • Antihistaminika
    • andere Anticholinergika
    • Amitriptylin
    • Amoxapin
    • Desipramin
    • andere trizyklische Antidepressiva
    • Barbiturate
    • Benzodiazepine
    • Lithium
    • Opioide
    • Buspiron
    • Muskelrelaxanzien
    • ZNS-hemmende Substanzen
    • Disulfiram
    • Fluoxetin
    • Antipyrine
    • Theophyllin
    • Naltrexon

Kontraindikationen

vorgehen im Praxisalltag

Verordnung von medizinischem Cannabis

  • Jeder Hausarzt und Facharzt darf seit 2017 Cannabisarzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnen

  • Voraussetzungen für die Verordnung sind:
    • der Patient hat eine schwerwiegende Erkrankung
    • eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung steht nicht zur Verfügung oder kann nach der begründeten Einschätzung des Arztes (Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkung und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Patienten) nicht eingesetzt werden
    • es besteht eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome
  • die Verordung erfolgt auf einem Betäubungsmittelrezept
  • vor der erstmaligen Verordnung eines Cannabispräparates muss der Patient einen Antrag auf Genehmigung der Kostenübernahme bei der zuständigen Krankenkasse stellen
  • im Juli 2021 startete das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den staatlichen Verkauf von Cannabis zu ausschließlich medizinischen Zwecken in Apotheken

Welche Cannabishaltigen Arzneimittel dürfen verordnet werden?

Liste der Cannabisblüten/-sorten (2017)

BTM-Rezept für die Abgabe von Cannabis

BTM-Rezept für die Abgabe von Cannabisextrakten

Vollspektrum-Cannabisextrakte sind ölige Lösungen auf Basis von natürlichen Cannabinoiden. Sie werden auf Btm-Rezept verordnet und in der Apotheke als Rezeptur hergestellt.

 

Cannabisextraktre werden mittels überkritischer CO²-Extraktion oder Ethanolextraktion gewonnen und enthalten die Cannabinoide THC und CBD sowie weitere Phytocannabinoide, Terpene und Flavonoide.

zusammenfassung

  1. Medizinisches Cannabis sind Zubereitungen aus den Inhaltsstoffen der Hanfpflanze, die für medizinische Zwecke angewendet werden.
  2. Jeder Hausarzt und Facharzt darf seit 2017 Cannabisarzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unter bestimmten Voraussetzungen verordnen.
  3. Cannabis kann in Deutschland als Rezepturarzneimittel (Cannabisblüten und -extrakt, Dronabinol-/Cannabidiolzubereitungen) oder als zugelassenes Fertigarzneimittel verordnet werden.
  4. In Deutschland sind derzeit zwei Cannabis-Fertigarzneimittel zugelassen: Ein Spray zur Anwendung in der Mundhöhle mit den Inhaltsstoffen THC und CBD sowie Kapseln mit dem Wirkstoff Nabilon.
  5. Mögliche Indikationen für den Einsatz von Cannabinoiden sind beispielsweise Schmerz, Spastik, Übelkeit/Erbrechen, Multiple Sklerose oder Epilepsie.
  6. Bei vielen Indikationen gibt es noch große Datenlücken, die Studienergebnisse sind teilweise inkonsistent; weitere Studien sind nötig, um die Risiken und Potenziale von Cannabis besser einschätzen zu können.
  7. Real-World-Daten belegen die Schmerzlinderung mit Dronabinol bei Patienten mit therapierefraktären chronischen Schmerzen.
  8. Beim Einsatz von Cannabinoiden sollten mögliche unerwünschte Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Kontraindikationen unbedingt beachtet werden.

Fragen, Kommentare und Anregungen

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